Gebisse und ihre Wirkungsweise

Alles, was man so zum Reiten braucht, oder meint zu brauchen...
Benutzeravatar
kaltesBlut
Beiträge: 3150
Registriert: Sa 15. Okt 2011, 21:08
Titel: Kaltblutfee
Wohnort: Im schönsten Land der Welt - Bayern

#1 Gebisse und ihre Wirkungsweise

Beitrag von kaltesBlut » Mi 4. Jan 2012, 12:05

So ihr Lieben, angeregt durch Higgings Thread über das mehr als merkwürdige Gebiss, dachte ich: Mache ich mal einen auf, wo man sich über die unterschiedlichen Gebisse und ihre Wirkungsweise austauschen kann.

Ich habe nämlich bisher immer gelesen, dass bei Kandare/Pelham ungebrochene Gebisse besser wären. Genau erklärt bekam ich es aber bisher nicht. Bzw. lese ganz unterschiedliche Meinungen dazu. Wobei wir uns wohl einig sind, dass ein Gebiss immer nur so scharf ist wie die Hand des Reiters.

Ich habe mit meiner Stute ein Pelham mitbekommen. Als Gebiss war dadrin eine ca. 20mm starke, einfach gebrochene Wassertrense. Dazu natürlich eine Kinnkette.

Ein entsprechendes Foto lt. Loesdau:

http://www.loesdau.de/Pelham-gebrochen. ... uctid=8595

Damit wurde mein Dame von den Vorbesis geritten. Ob das daran lag, dass Madame nicht stehenbleiben konnte? Da ich persönlich da Bedenken hatte, habe ich die Zügel in den ersten Ring verschnallt. Mir wurde erklärt, dass es dann wie eine Wassertrense wirken würde. Ich muss aber dazu sagen, dass ich bisher noch nie anders als mit Wassertrense oder Sidepull geritten bin.
Dennoch habe ich es, als ich mir mein Pferdchen dann gekauft habe, schnellstmöglich durch ein einfach gebrochenes Bit von Silverado ersetzt:

http://www.reitsport-silverado.de/produ ... n-bit.html

Damit läuft sie aus meiner Sicht mindestens genauso gut, eher besser. Und stehenbleiben hat sie auch gelernt.

Es wäre schön, wenn ihr mir was über die ungebrochene Stange / ein gebrochenes Gebiss bei einem Pelham/Kandare erzählen könntet.
:D Der (schwarze) Ferrari unter den Kaltblütern :D
Ich hoffe, du lässt es anständig krachen auf der ewigen grünen Wiese
Benutzeravatar
Leo
Beiträge: 1572
Registriert: Fr 28. Okt 2011, 10:41
Titel: Persilpferde Reiterin

#2 Re: Gebisse und ihre Wirkungsweise

Beitrag von Leo » Mi 4. Jan 2012, 12:39

Also, ich bin auch der Meinung, Hebelgebiss nur mit Stange. Durch die Hebel verstärkt man nur den Nußknackereffekt eines gebrochenen Gebisses. Ein Gebiss wirkt ja auf die Zunge und die Laden.
Ich habe festgestellt, dass die meisten Pferde mit einer Stange ganz zufrieden laufen. Ob nun mit oder ohne Hebel. Und je gebrochener desto unruhiger liegen die Gebisse oft im Maul.
Mir ist bei einem Gebiss folgendes wichtig:
es soll die Maulspalte nicht einklemmen (D-Ring, Olivenkopf, Knebel)
sich möglichst nicht durch das Maul ziehen lassen (D-Ring, Olivenkopf, Knebel)
nicht zu dick sein, da ich festgestellt hab, dass die meisten unserer Pferde relativ kleine Maulspalten haben
sweet Iron oder Kupfereinlagen find ich auch nciht übel, wenn das Pferd es mag - es mag heißt, gemäßigt kaut -wildes rumkauen ist für mich dann auch kein Zeichen von Begeisterung fürs Gebiss.
Pelham hab ich persönlich meist vierzüglig benutzt, wobei ich den "Kandarenzügel" dann eher weniger aufgenommen hab. Mit Pelhamriemen ist mir die Sache zu schwammig.
Bei Kandaren ist halt das Problem der Anzüge. Nicht nur die Länge der Anzüge, sondern auch das Verhältnis vom oberen Aufzug zu unterem Anzug ist relevant.
Dann gibts bewegliche oder unbewegliche Anzüge.
Ich hab für Asti derzeit dieses Gebiss: http://www.loesdau.de/Stangengebiss-%27 ... ci=19-bits
Weil er die doppelt gebrochene Knebeltrense nicht so schön fand und ich was haben wollte,was möglichst ruhig im Maul liegt.
Maulspalte ist relavtiv klein, also nicht so dick.
An Kandaren waren unsere durch die Bank am zufriedensten mit dieser hier: http://markusholst.eu/postorder/bilder/ ... _small.jpgrelativ kurze bewegliche Anzüge, rostendes also süßes Metall, leichte Zungenfreiheit.
Die spanische Kandare wird ja ohne Unterlegtrense geritten - dafür ist bei unseren Hottis auch echt kein Platz im Maul.
Ich reite dann aber eher impulsmäßig, also nicht in konstanter Anlehnung. Schön ist bei dem Teil allerdings, dass Du die Möglichkeit hättest, ein zweites Paar Zügel am Gebiss, also quasi als Trensenzügel, zu verschnallen.
Benutzeravatar
Higgins
Administrator
Beiträge: 1357
Registriert: Mi 12. Okt 2011, 00:39

#3 Re: Gebisse und ihre Wirkungsweise

Beitrag von Higgins » Mi 4. Jan 2012, 12:56

Die Dressur Studien hatten mal ein Heft speziell über Gebisse und Zügelführung.

Ein Bericht über die Wirkung von Wassertrensen ist auch verlinkt: http://www.dressur-studien.de/content/view/292/1/

Ebenso sind dort Gebisse gezeigt, die um 1890 verwendet wurden (http://www.dressur-studien.de/content/view/299/1/. Die sind echt mal gurselig, aber das ist hier ja nicht das Thema.
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, um zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.
Benutzeravatar
kaltesBlut
Beiträge: 3150
Registriert: Sa 15. Okt 2011, 21:08
Titel: Kaltblutfee
Wohnort: Im schönsten Land der Welt - Bayern

#4 Re: Gebisse und ihre Wirkungsweise

Beitrag von kaltesBlut » Mi 4. Jan 2012, 13:02

Hm. Der Nußknackereffekt ist ja auch umstritten. Die einen sagen: Den gibt´s, die anderen: Den gibt es nicht!

Wobei es ja grad auch bei den Westerngebissen gebrochene mit Anzügen gibt (z. B. Snaffle Bits http://www.reitsport-silverado.de/index ... %BCge.html).

Ich frage mich aber schon, wie neben der blanken Kandare noch eine Unterlegtrense ins Maul passen soll. Das beansprucht irre viel Platz im Pferdemaul.

Meine ist mit dem sweet iron mit Kupfereinlagen echt zufrieden. Sie kaut, schäumt aber nicht übermäßig (es sei denn, wir machen im Anschluss ans Reiten Dehnungsübungen mit Karottenstückchen! ;-) :lol: ).

EDIT: Da Higgins gleichzeitig mit mir geantwortet hat: Danke für die Links! Sowas habe ich schon länger gesucht. Habe grad die Einleitung und Gliederung der Studie angesehen. Das sieht mehr als interessant aus! Sehr ausführlich. Ich freu mich schon aufs Lesen!

Dennoch bin ich gespannt über eure persönlichen Erfahrungen mit bestimmten Gebissen. Denn jedes Pferd ist ja wieder anders.
:D Der (schwarze) Ferrari unter den Kaltblütern :D
Ich hoffe, du lässt es anständig krachen auf der ewigen grünen Wiese
Benutzeravatar
Higgins
Administrator
Beiträge: 1357
Registriert: Mi 12. Okt 2011, 00:39

#5 Re: Gebisse und ihre Wirkungsweise

Beitrag von Higgins » Mi 4. Jan 2012, 13:33

Es gibt auch noch das Buch Sanfte Hände - präzise Gebisse von Renate Ettl, welches die Wirkungsweise von sämtlichen Gebissen und auch gebisslosen Zäumungen erklärt.

Oder das Heft von den Dressur Studien ;)

Was die persönlichen Erfahrungen angeht:
Layla läuft am besten mit doppelt gebrochener Wassertrense. Ich hatte mal testweise ein einfach gebrochenes verwendet, damit lief sie nicht wirklich locker.

Gebisslos hatte ich mal ein Sidepull verwendet, das hat mir überhaupt nicht gefallen, da der Nasenriemen gescheuert hatte, und das Backenstück zu nah an das Auge ran gekommen ist. Mag auch an diesem speziellen Sidepull gelegen haben.

Für Geländebummeln benutze ich ein Hackmore.

Bei Rudi hatte ich damals von einem dicken, holen, einfachgebrochenen Olivkopfgebiss zu einer dünneren einfach gebrochenen Wassertrense gewechselt. Das nahm er sehr gut an. Inzwischen reite ich ihn ja auch auf Kandare, was momentan sogar tw besser klappt, als auf Trense (wobei das ja wieder ein anderes Problem ist).
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, um zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.
Shadowman

#6 Re: Gebisse und ihre Wirkungsweise

Beitrag von Shadowman » Mi 22. Feb 2012, 07:54

ein gebiss ist nur so scharf wie die hand des reiters.
Benutzeravatar
kaltesBlut
Beiträge: 3150
Registriert: Sa 15. Okt 2011, 21:08
Titel: Kaltblutfee
Wohnort: Im schönsten Land der Welt - Bayern

#7 Re: Gebisse und ihre Wirkungsweise

Beitrag von kaltesBlut » Mi 22. Feb 2012, 18:14

Shadowman hat geschrieben:ein gebiss ist nur so scharf wie die hand des reiters.
scho. Aber ich wollt ja die Erfahrungen der Leute mit den einzelnen Gebissen wissen. ;-)
:D Der (schwarze) Ferrari unter den Kaltblütern :D
Ich hoffe, du lässt es anständig krachen auf der ewigen grünen Wiese
Benutzeravatar
Charda
Beiträge: 5601
Registriert: So 20. Nov 2011, 08:36
Wohnort: am Schwäbischen Meer

#8 Re: Gebisse und ihre Wirkungsweise

Beitrag von Charda » Do 23. Feb 2012, 08:17

Also ich finde weder, dass man die Antwort in Büchern noch in Berichten finden kann und wird. Ich denke, dass das in erster Linie aufs Pferd ankommt!

Alina bevorzugt z.B. eher dickere Gebisse, am liebsten doppelt gebrochen (Nussknacker hin oder her...)

Chardo mag die Olivenkopfgebisse am liebsten, da die wohl einfach ruhiger liegen. Ebenso benutze ich hier ein Doppel gebrochenes.

Meine alte Stute Larissa, die mochte diese Gummistangen am liebsten... usw...

Ich denke, das wichtigste ist dabei, wie immer, Augen und Ohren offen halten. Sich umsehen, mal ausprobieren.

Die Grundlegenden Dinge sollten dabei aber einfach nie außer acht gelassen werden. Schuld hat nicht immer Gebiss, Sattel und Co. Manchmal liegt der Fehler in der Art und Weise der Ausbildung, des Reiters. Erst wenn das soweit abgesichert ist, und dort keine gröberen Mengel durch einen Ausbilder zu erkennen sind, kann man sich an ein Alternatives Gebiss heran wagen oder eben dort den "Fehler" versuchen zu finden...

Ich meine das so: Leider gibt es doch recht viele Laien, die ihr Hü nicht "an den Bendel" bekommen und die Schuld in allem Suchen. Da ist das Gebiss schuld, der Sattel, Der Rücke und weiß nicht was alles. Aber auf die Idee zu kommen, dass diejenigen welchen einfach drauf sitzen wie ein Kartoffelsack?!

Darum meine ich, die Suche nach dem Passenden Gebiss sollte auch begangen werden, von Reitern die das auch beurteilen können. (Sorry, ich weiß echt nicht, wie ich das passend schreiben kann dass es sich nicht so "hart" anhört... Aber ich bin lieber irgendwie einfach eher direkter.... )

Ansich war ich immer der festen überzeugung, dass doppelt gebrochene Gebisse den Pferden meist eher liegen.
Immerhin hieß es Jahrelang, dass einfach BGebrochene Gebisse den stärkeren Nussknacker Effekt aufweisen durch zig Studien informiert wurden wir Reiter über Jahre hinweg.
Neue Studien belegen jetzt gegenteiliges... :gruebl: Da soll man nicht verrückt werden!

Diese Gebisslossen Zäumungen sind meiner Meinung nach auch nicht "weich"! Oder weicher. Ich habe leider schon gebrochene Nasen gesehen die eben gegenteiliges belegen.

Leider sieht man auch bei Freizeitreitern die denken, dass sie ihrem Pferd achso viel besser geneigt sind wie "wir" Turnierreiter, dass diese an ihrem Glücksrad oder weiß nicht was auch immer rum zerren wie Äffchen, ihr Pferd die Hinterhand im Stall vergessen hat und das ganze was die Reiten nennen auch mal ganz nett gefährlich werden kann wenn 600 kg Lebendmasse mal nicht so wollen wie Frauchen vergessen sie leider recht schnell oder wollen es einfach nicht sehen.

Das Gebiss ist nur so scharf wie die Hand des reiters. Unterschreib ich, klar. Leider hab ich aber schon fest gestellt, dass es sich mit Gebissen auch so auf sich hat wie mit Messern. Je Stumpfer das Messer, desto eher schneidet man sich....

Will nicht heißen, dass alle welt jetzt mit möglichst scharfen Gebissen reiten soll. Gott bewahre! Aber mit einem möglichst weichem Gebiss scharfe Paraden in der Hand geben ist eben auch nicht das Gelbe vom Ei!

Ui! Ich laber mir n Ast! Sorry^^

Was sind also weiche Gebisse?! Die Gebisse, die deinem Pferd angenehm im Maul liegen. Die passend sind von Größe und Dicke. Kaut dein Pferd lieber auf einem Doppelt gebrochenen oder eben auf einem einfach gebrochenen? Es gibt auch Gummistangen. Finde ich persönlich auch sehr toll. Meine Pferde nur leider nicht :/ Ausprobieren und für mich immer mal wechseln!
Viele Menschen sind zu gut erzogen um mit vollem Mund zu sprechen, haben aber keine Probleme dies mit leerem Kopf zu tun.
Benutzeravatar
TinkerBell
Beiträge: 1950
Registriert: Mi 12. Okt 2011, 07:54
Wohnort: Oberfranken

#9 Re: Gebisse und ihre Wirkungsweise

Beitrag von TinkerBell » Do 23. Feb 2012, 18:18

Naja, ich finde schon, dass es zu jedem Gebiss gewisse "Eckdaten" gibt. Schließlich ists ja schon ein Unterschied in der Wirkung, ob ich nun eine Wassertrense drin hab oder eine Kandare.
Schon allein, weil die Hebelwirkung noch dazu kommt.

Und diese Eckdaten kann man sich durchaus auch erlesen. Sollte man vielleicht auch, bevor man austestet und probiert :gruebel:

Natürlich kommen dann auch ganz ganz viele individuelle Aspekte noch hinzu. Nämlich zum einen von Seiten des Pferdes. Vorlieben des Pferdes. Lieber dickeres Gebiss, lieber dünner. Sensibilität auf das jeweilige Gebiss. Etc.
Und natürlich auch von Seiten des Reiters. Wie ist es um den unabhängigen Sitz und damit um die weiche und kontrollierte Zügelführung denn wirklich bestellt?

Ja. Ein Gebiss ist immer so weich oder hart wie die Hand des Reiters. Und muss zu Pferd und Reiter passen. Fertig.

Dennoch gibts eben oben benannte Eckdaten und spezielle Eigenschaften einzelner Gebisse. Die man schon halbwegs kennen sollte, BEVOR man rum testet. Find ich.
Es gibt keine Wege zum Glück. Glücklich sein ist der Weg.

Benutzeravatar
Charda
Beiträge: 5601
Registriert: So 20. Nov 2011, 08:36
Wohnort: am Schwäbischen Meer

#10 Re: Gebisse und ihre Wirkungsweise

Beitrag von Charda » Do 23. Feb 2012, 22:48

Na klar. Das seh ich schon auch so. Aber letzten endes gehört da ja wie gesagt ein gewisser gesunder Menschen/Pferd verstand bei der Gebiss wahl eben auch dazu!
Viele Menschen sind zu gut erzogen um mit vollem Mund zu sprechen, haben aber keine Probleme dies mit leerem Kopf zu tun.
Antworten