Join-Up: Fluch oder Segen?

Handarbeit, Longentraining, etc
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kaltesBlut
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#1 Join-Up: Fluch oder Segen?

Beitrag von kaltesBlut » Fr 13. Jan 2012, 21:02

Aufgrund eines Gesprächs im Chat die letzten Tage und weil ich grad wieder im Kaltblut-Pferde-Forum darauf gestoßen bin, möchte ich hier einen Link einstellen. Der drückt ziemlich genau aus, wie ich das Thema auch sehe:

http://www.motionclick.de/motionblog/sa ... -up-spotty

Ich bin jetzt persönlich kein Freund des Join-Up, da ich auch finde, dass es einfach enormer psychischer Druck für das Pferd ist. Dass wir uns vielmehr im Alltag konsequent und vorhersehbar für das Pferd verhalten sollten. Dass Vertrauen wächst und nicht von einem Moment auf den Anderen durch ein Join-Up hervorrufbar ist.
Denn verhalte ich mich das nächste Mal wieder komplett anders, als beim "Joinen", bin ich wieder total unberechenbar und stehe vor der nächsten Pleite.

Wo ich nicht so zustimmen kann, ist der Teil, wo sie schreibt, dass sie das Pferd Stück für Stück joint. Das ist für mich einfach nicht nötig. Wie das mit einem komplett unberechenbaren Pferd aussieht, kann ich nicht sagen. Damit hatte ich es noch nie zu tun. Und wenn, dann sollte das wohl von einem richtigen Profi gemacht werden.

Ich nutze auch Körpersprache beim Freilongieren, verwende es aber nicht, um das Pferd zu joinen, sondern um es arbeiten zu lassen. Nur halt ohne Longe. Weil ich mich da persönlich einfach besser ausdrücken kann. Ich habe immer Probleme, nicht in die Longe zu steigen, nicht die Peitsche mit der Longe zu verwursteln, das ständige Umhaken (ich habe keinen Kappzaum).
Und ohne Longe kann man genauso effektiv arbeiten wie mit.
Will ich aber, dass meine Süße auf einem kleineren Kreis um mich herumläuft, nutze ich zwangsläufig auch mal die Longe.

Ich finde es auch komisch, dass manche meinen, freies Longieren wäre joinen. Dann wäre es Longieren mit Longe auch. Beides dient der Arbeit und nicht dem "das Pferd gefügig machen" wie das joinen. Das ist für mich ein riesen Unterschied!

Andere wiederum sehen im Join-Up ihren Heilsbringer um Probleme von vornherein zu unterbinden oder bestehende Probleme auf einfache, schnelle Weise zu beheben. Oder machen es gar täglich, um dem Pferd gegenüber klarzustellen, dass sie der Chef sind.

Meine Stellung dem Pferd gegenüber würde ich so definieren: Ich bin Chef. Aber kein Tyrann. Ich muss nicht dauernd den Chef raushängen lassen, damit mir das Pferd vertraut. Ich bin so, wie ich bin. Mein Pferd ist kein gefühlloser Roboter. In gewissem Rahmen darf und muss es auch selbst denken.

Ich hatte allerdings auch eine RB, bei der ich immer ganz selbstbewusst auftreten musste und mir keinerlei Fehler erlauben durfte. Das hat er schamlos ausgenutzt. Dennoch war hier nicht das Join-Up der Weg der Wahl, sondern einfach: Konsequentes und stehts nachvollziehbares Handeln. Ich musste mich umstellen. Aber das ging nicht anders. Ein Join-Up hat es nicht gebraucht, um aus uns ein super Team zu machen.
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TinkerBell
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#2 Re: Join-Up: Fluch oder Segen?

Beitrag von TinkerBell » Fr 13. Jan 2012, 22:46

Tja, ums auf den Punkt zu bringen. Ich persönlich für meinen Teil halte vom Join-up mal sowas von gar nichts! :down:

Wie sagt man sonst so schön: gut reiten reicht.

In dem Fall würd ich sagen: vernünftig und klar und ehrlich mit dem Pferd umgehen reicht.

Und: wer Join-up GUT ausführen könnte, würde es nicht brauchen. Und wers braucht, kanns eh nicht gut und richtig ausführen.

Ja, ich weiß. Damit lehn ich mich weit aus dem Fenster. Aber das ist meine Meinung. Und dazu steh ich auch.
Ganz ähnlich wie mit Schlaufzügeln und anderen diversen "Hilfs"mittelchen...
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LeonieMay
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#3 Re: Join-Up: Fluch oder Segen?

Beitrag von LeonieMay » Mo 16. Jan 2012, 20:56

Für mich ist es eine überflüssige Erfindung die einfach nur eine schnelle Problemlösung suggerieren soll. Allerdings halte ich es für gefährlich, wenn der Ausführende keine wirkliche Ausbildung in dem erhalten hat was er da macht.

Ich kann nicht beim Holen von der Weide Probleme haben und dann in die Halle gehen und dort ein Join up verlangen, somit ist die Welt wieder gut und das Pferd hat verstanden. Wie soll das Pferd die Zusammenhänge verknüpfen? :gruebel: Tja, da wird dann suggeriert, ich muß dem Perd zeigen, daß ich rang höher bin.

Was ist aber wenn ich das Pferd von hinten herum aufzäume?

Ergo was ist mit meiner alltäglichen Konsequenz und dem roten Faden im täglichen Umgang mit meinem Pferd? Es entsteht dadurch doch Vertrauen in meine Person und ich werde automatisch damit führend. Das Pferd folgt mir in allen Gefahrensituationen und ich erhalte doch somit den ultimativen Vertrauensbeweis, oder?

Wenn ich aber jetzt in ein Join up gehe, daß Pferd scheuche und weichen lasse, erzeuge ich Druck. Warum sollte ich also Druck erzeugen? Weicht es durch den Druck nicht eher angstvoll anstatt respektvoll-freiwillig?

Warum muß es in der heutigen Zeit immer schnelle Lösungen mit Namen geben? Warum soll eine Pferdearbeitsweise in nur 4 oder 6 Leveln die Lösung sein und ich mir so den Respekt und das Vertrauen verdienen für die Übungen, die wir im Join up machen und nicht im täglichen Umgang?

Von daher, habe ich ein Problem an einer Stelle, schaue ich, schlafe ich drüber und gehe am nächsten Tag in der Situation oder in einer entschärfteren Situation mit einem Lächeln an die Problemlösung. Am nächsten Tag ist wichtig, da man in Wut- oder Schocksituationen durch das Fehlverhalten des Pferdes oft falsch oder zu emotional handelt.
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kaltesBlut
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#4 Re: Join-Up: Fluch oder Segen?

Beitrag von kaltesBlut » Mo 16. Jan 2012, 21:21

Ich finde auch, es ist viel wichtiger, dass man einfach im Alltag für das Pferd verständlich ist.

Und May, ich mache es ebenso mit Problemen, die jetzt grad nicht von jetzt auf gleich aufgrund einer gefährlichen Situation entschieden werden müssen: Eine Nacht drüber schlafen, mir einen Schlachtplan zurechtlegen und danach dann handeln. Und am Besten noch mit einem Plan B im Kopf.
Grade, weil dann die Emotionen außen vor bleiben.

Wenn es allerdings gerade brennt, dann wird das durchaus auch mal emotional. Allerdings habe ich sowieso die Einstellung: Mit Nachsicht strafen. Also wenn, dann direkt und kurz, und dann sofort wieder runtergeschaltet auf Betriebstemperatur. Also dass durchaus mal der Moment emotional ist, aber danach sofort wieder Ruhe und Gelassenheit herrscht.
Das finde ich bei manchen echt gefährlich und habe ich auch schon gesehen: Dass die richtig ausrasten. Schon bei kleineren Aktionen. Dass es dann kein Halten mehr gibt beim Strafen.

Oder Pferde, die extrem dominant behandelt werden. Wo alles sofort gnadenlos gestraft wird, man ihnen gegenüber immer hart ist. Und die dann zu richtigen "Angstbeißern" oder "heimtückisch" werden. Die du nur schief angucken musst, damit sie die Flucht ergreifen. Aber wehe, du drehst ihnen den Rücken zu ...
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#5 Re: Join-Up: Fluch oder Segen?

Beitrag von Leo » Di 17. Jan 2012, 11:26

Stimmt Kalti, DAS geht gar nicht. Im Umgang mit dem Pferd muss man lernen, Selbstbeherrschung zu wahren. Finde ich.
Klar, brüll ich auch mal los, wenn mir das Hü auf dem Fuß latschert. :D aber dann ist auch gut damit.
Erst mal überleg ich immer, was ICH verkehrt gemacht hab. Dass mein Tier mich grad nciht verstanden hat.
und siehe da, meißtens ist es dann auch so, dass ich mich nicht klar genug ausgedrückt hab.
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#6 Re: Join-Up: Fluch oder Segen?

Beitrag von Harmony » Di 17. Jan 2012, 23:55

LeonieMay hat geschrieben: Ich kann nicht beim Holen von der Weide Probleme haben und dann in die Halle gehen und dort ein Join up verlangen, somit ist die Welt wieder gut und das Pferd hat verstanden. Wie soll das Pferd die Zusammenhänge verknüpfen? :gruebel: Tja, da wird dann suggeriert, ich muß dem Perd zeigen, daß ich rang höher bin.
Wenn das ne Anspielung auf mich war - vielen Dank!!!
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#7 Re: Join-Up: Fluch oder Segen?

Beitrag von LeonieMay » Mi 18. Jan 2012, 20:00

@ Harmony: Nein, war es nicht. Wenn Du das so empfunden hast, finde ich es sehr schade. Meist ist das doch das brandaktuelle Problem, was ich hier im Chat auch schon mit einer anderen Userin und ebenso wegen der Hyperaktivität besprochen hatte, so daß es mir von daher als Beispiel einfiel. Denn für Einfangprobleme oder Führen von der Weide gibt es sooo viele schöne andere Übungen die man machen kann sowie passende Bodenarbeit dazu, daß für mich einfach genau an diesem Punkt ein Join up überflüssig ist.
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#8 Re: Join-Up: Fluch oder Segen?

Beitrag von kaltesBlut » Do 19. Jan 2012, 07:54

Der Satz hätte übrigens auch von mir sein können. Und wäre dennoch nicht auf dich, sondern dann auf mich bezogen gewesen, Harmony. Steht auch in meinem Journal :lol:
Ich hatte das Problem mit meiner Stute auch. Aber ich habe das nicht über joinen gelöst, sondern ganz einfach damit, ihr das Weglaufen so unbequem wie nur möglich zu machen. Meine ist manchmal doch ein recht bequemes Pferd und das habe ich in dem Moment einfach ausgenutzt. Was auch nicht bei jedem Pferd so funktionieren muss.

Ich mache ja teilweise bis zu 34 Pferde. Und da sind ein paar dabei, die könnt ich ab und an echt in die Tonne treten, weil sie so ungezogen sind. Aber da kann ich ja auch nicht immer ein Join-Up machen, sondern muss einfach gleich bestimmt auftreten oder mal zur Not sogar die Finger von einzelnen lassen, wenn es im Moment zu gefährlich ist.
Hier hilft einfach nur konsequentes bestimmtes auftreten. Immer, wenn ich mit ihnen zu tun habe.
Und bei anderen einfach nur Aufpassen wie ein Schießhund, weil sie einen von hinten angreifen.

@Leo: :D Das mit den auf die Füße latschen ist so ein Thema für sich, oder? :D Mein Zeh weiß da noch immer ein Liedchen von zu singen. Obwohl es schon fast ein halbes Jahr her ist!

Und das mit dem Überlegen kenne ich auch nur zu gut. Wenn was schiefläuft frage ich mich auch immer, was ich wohl verkehrt gemacht habe. Und nerv dann evtl. TinkerBell, Higgins ..... :lol: , wenn ich mir selbst nicht ganz sicher bin, ob es nu an mir lag oder an dem Dickschädel von Madame ... :roll: :lol:
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